Erdoğan am 24. April 2015 in Armenien?

Armenien & die Armenier bereiten sich auf 2015 vor. Ausschüsse sind gegründet worden. Ein Lenkungsausschuss existiert in Armenien, dem Präsident Sargsyan vorsteht.

Es geschah am 27. Mai während der regulären Sitzung des Lenkungsausschusses in Jerewan. Da sagte der armenische Präsident Sargsyan: „Ich lade hiermit den türkischen Staatspräsidenten – wer auch immer die bevorstehenden Wahlen gewinnen mag – offiziell zum 24. April 2015 nach Armenien ein.“ Das war ein Paukenschlag – ohne Ansage.

Die Einladung bezieht sich auf das „Beileid“ des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdoğan vom 23. April 2014, das mehrheitlich kritisch bewertet wurde, auch hier.

Es gab durchaus auch andere Stimmen. Bayram Balci bezeichnete das „in höchstem Maße historisch“. Es sei nicht das erste Mal, dass Erdoğan sich als „Tabubrecher“ betätigt hätte (Link). Geradezu euphorisch reagierte Halil Berktay. Die Türkei würde nicht mehr hinter diesen Schritt zurückfallen und gab sich von der „Aufrichtigkeit“ des Beileids vollkommen überzeugt. Es sei zukünftig sogar mehr zu erwarten.

Die Einladung von Präsident Sargsyan ist ein kluger Schachzug. Wenn Erdoğan tatsächlich nicht aus taktischen Überlegungen, sondern aus innerer Überzeugung sein Beileid (auch) an die Armenier gesprochen haben sollte, so dürfte es für ihn kein Problem sein, Sargsyans Einladung anzunehmen, zumal Berktay vermutet, dass die türkische Seite in 2015 sich darauf vorbereitet „wenn auch nicht in Gänze, so doch in Teilen [das in 1915 Geschehene] ernsthaft zu akzeptieren, zu trösten, Frieden zu schließen, zu versöhnen“.

Der Ball ist – ganz im Geiste der „Fußballdiplomatie“ – im türkischen Spielfeld. Und es liegt am zukünftigen türkischen Präsidenten, der vermutlich Erdoğan heißen wird, Farbe zu bekennen. So oder so. Schon sein bloßes Kommen an diesem ganz besonderen Tag wäre – auch wenn er nichts sagte – Symbolpolitik hohen Grades, geeignet als Paradigmenwechsel interpretiert zu werden.