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Bakus „Schwarze Liste“ – Eine politische Sackgasse
Anfang August veröffentlichte das Aserbaidschanische Außenministerium in Baku eine „Schwarze Liste“ mit 335 Personen. „Among them are MPs of Germany, Slovakia, Iran, Russia, Australia, Austria, France, the United Kingdom and even the United States Senate. The list also includes journalists, students, artists and employees of non-governmental organizations (NGO)”, schreibt Jamestown Foundation. Das „Vergehen“ dieser Menschen: Sie haben die Republik Berg-Karabach besucht, ohne vorherige Erlaubnis durch Baku.
Nach der Rechtsposition Aserbaidschans (auch nach Resolutionen der UNO) ist Berg-Karabach aserbaidschanisches Territorium. De facto übt jedoch die Republik Berg-Karabach – wenn auch international nicht anerkannt – ihre Souveränitätsrechte aus.
Der Strom der Besucher, die ins Land kommen, reißt nicht ab und so hat Baku unlängst eine Ausweitung seiner „Schwarzen Liste“ angekündigt. Es sind dänische Politiker und Journalisten vor wenigen Tagen ins Land gereist, zuvor eine Gruppe von russischen Politikern und Journalisten, offizielle Vertreter aus dem US-Bundesstaat Kalifornien kommen ebenfalls. Weitere werden folgen.
Auch wenn jetzt Baku von rechtlichen Schritten, die gegen die „illegalen Besucher“ ergriffen werden sollen, spricht, ist der Strom nicht einzudämmen. Denn zusätzlich zu den Politikern und Journalisten gibt es noch die ausländischen Touristen – allein in 2012 über 14.000 Personen, die nur deswegen nicht auf der „Schwarzen Liste“ stehen, weil Baku deren Namen nicht kennt.
Elman Abdullayev, Pressesprecher des Außenministeriums in Baku will den “illegalen Besuchern” vermeintlich eine goldene Brücke bauen und sagt: “The Azerbaijani side understands that many people on the list where brought to Karabakh by the Armenian side without their consent or understanding“. Schon bei flüchtiger Lektüre entpuppt sich die „goldene Brücke“ als eine Beleidigung dieser Menschen, die offenbar nicht im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte sind.
Zusätzlich zu den Besuchern gibt es auch ausländische Investoren in Berg-Karabach. An ihre Adresse gewandt tönt es diese Tage aus Baku: “The companies working in the occupied territories should understand that after liberating the lands, the Azerbaijani government will not recognize the documents signed by the separatist government.” Eine handfeste Drohung. Sie macht aber auch deutlich, worum es bei der „Regelung des Berg-Karabach Konflikts“ Baku eigentlich geht, nämlich um die „Befreiung Berg-Karabachs von den Separatisten“. Das wiederum widerspricht Geist und Buchstabe aller bisherigen Vermittlungsversuche der internationalen Gemeinschaft.
Außer den namentlich bekannten und unbekannten Besuchern und Investoren gibt es auch Parlamentarier und Politiker, die in ihren Gremien für eine Anerkennung der Republik Berg-Karabach plädieren, so geschehen in den US-Bundesstaaten Rhode Island, Maine und Louisiana. Das muss für Baku viel gefährlicher sein als ein „illegaler Besuch“. Was will man, was kann man gegen sie unternehmen? Eine unlösbare Aufgabe, trotz des vielen Erdöls und Erdgases.
Baku geht es um die faktische Kontrolle dieses Gebiets. Nur handverlesene, Baku genehme Personen sollen dorthin. Das hat mit Informationsfreiheit nichts zu tun. Wenn jemand aus eigener Anschauung und ohne Gängelung Berg-Karabach kennenlernen, Informationen vor Ort aus erster Hand bekommen möchte – das gilt ganz besonders für Politiker und Journalisten aus dem Westen, die dazu in den heimischen Medien wenig bis nichts finden –, dem bleibt nur der „illegale Besuch“ übrig.
Genau das hat diese Tage der Bundestagsabgeordnete Jürgen Klimke getan, sich informiert und ein eigenes Bild gemacht. Zwar gibt es vom Außenamtssprecher Elman Abdullayev das Versprechen, “Baku is ready to consider the requests of the people who visited Karabakh on the issue of excluding them from the list”, aber offenbar ist diese Zusage nicht viel Wert, denn Jürgen Klimkes Gesuch, diese Tage nach Aserbaidschan einzureisen, wurde prompt abgelehnt.
“For now, however, Azerbaijan’s threats are mostly theoretical as long as the status quo holds and the occupied territories remain out of Baku’s control”, schlussfolgert Anar Valiyev – er lehrt an der Diplomatischen Akademie Aserbaidschans – aus dessen Beitrag “Serious Warning from Baku: No Illegal Visits to Karabakh” die Zitate stammen.
Warum hält Baku trotzdem starrsinnig an einer Politik fest, die faktisch ergebnislos bleiben muss?
Um das zu begreifen, muss man etwas zurückgehen. Bereits nach dem Erdbeben in Nordarmenien vom Dezember 1988 versuchte Aserbaidschan, Armenien zu isolieren und wirtschaftlich zu lähmen. Zementlieferungen aus den Sowjetrepubliken, die für den Wiederaufbau in der Erdbebenregion benötigt wurden und per Bahn über aserbaidschanisches Gebiet herangeschafft wurden, machte man unbrauchbar. Diese Blockademaßnahmen umfassten auch Berg-Karabach. Damals gab es weder in Armenien noch in Berg-Karabach eine Armee, auch keine von Armeniern „besetzten Gebiete“ Aserbaidschans. Bis heute versteift sich Baku auf diese Politik des Isolierens, des Abwürgens. Und aus den Folgen hat es nichts gelernt. Entspannung, freier Austausch von Informationen – der ungehinderte Zugang zu Berg-Karabach ist Teil davon – diese sind heute notwendiger denn je. Wer aber auf maximalistische Positionen, auf Kapitulation beharrt, für den muss Entspannung ein Fremdwort bleiben.
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