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Aserbaidschan: Wie man Wahlen richtig organisiert
Die aserbaidschanischen Parlamentswahlen fanden am 7. November statt.
Schon im Vorfeld gab es zahlreiche Beschwerden der Opposition. Sie warf den Machthabern vor, den Kandidaten die Zulassung zu verweigern und die Sendezeiten drastisch zu kürzen. Der Wahlkampf wurde von 45 auf 21 Tage gekürzt. Kandidaten hatten auch nur noch die halbe Zeit zum Sammeln der mindestens 450 Unterschriften für ihre Registrierung.
Freie Sendezeit bekamen nach dem novellierten Wahlgesetz nur Parteien mit mehr als 61 registrierten Kandidaten. Die herrschende Yeni Azerbaijan, die Partei des Präsidenten, war die einzige. Die anderen konnten nur gegen teure Bezahlung Sendezeit bekommen.
Sehr restriktiv verlief auch die Registrierung, auch wenn ein Kandidat die vorgeschriebene Zahl von Unterschriften beibrachte. So wurden nur 26 der mehr als 90 Kandidaten des Wahlbündnisses Yeni Musavat-PFPA tatsächlich zugelassen.
Azer Rashidoglu, Leiter des Wahlforschungszentrums „Toleranz“, vermutete, das Ziel sei, unliebsame Kandidaten bereits im Vorfeld auszusortieren und am Wahltag selbst vor den Wahlbeobachtern eine „demokratische, transparente und faire“ Wahl vorzuführen. Vorwürfe der Manipulation wies die Landeswahlleitung weit von sich.
Auch andere Methoden kamen zur Anwendung: So wurde vom Fernsehsender Lider (Leader) ein Sex-Video ausgestrahlt, in dem ein führender Mitarbeiter der Zeitung Azadlig zu sehen ist. Azadlig steht der Opposition nahe. Tage später beschuldigte der Landeswahlleiter Mazahir Panahov sowohl Azadlig als auch Yeni Musavat Gazeti, unwahre Geschichten zu publizieren und verlangte deren Bestrafung. Bei Wahlprogrammen im Fernsehen sah man regelmäßig Berichte über die Wahlveranstaltungen von Präsident Ali-jews Partei, nicht jedoch von den anderen Parteien.
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hat in seinem Bericht „Beaten, Blacklisted, and Behind Bars – The Vanishing Space for Freedom of Expression in Azerbaijan“ diese Praktiken zusammengetragen.
Nach all diesen Vorbereitungen bewarben sich an die 700 Kandidaten aus 14 politischen Parteien und Blocks für die 125 Sitze im Milli Mejlis. Landeswahlleiter Mazahir Panahov stellte im Nachgang fest: „Wir haben es geschafft, freie, faire und demokratische Wahlen abzuhalten.“
An die 47.000 inländische und über 1.000 Wahlbeobachter verfolgten die Entscheidung, darunter auch eine fünfköpfige Delegation von PACE. Knapp über 50 Prozent der 4,9 Mio. registrierten Wähler gingen an die Urnen. Yeni Azerbaijan verbuchte 69 der 125 Sitze für sich, 35 Sitze gingen an die unabhängigen Kandidaten, während die Opposition sich mit 11 Sitzen zufrieden geben musste.
Die Parlamentarische Versammlung des Europarats (PACE) bemängelte die hier erwähnten Schwachpunkte. Ein Zitat: „Die Durchführung dieser Wahlen war insgesamt nicht ausreichend, um als deutlicher Fortschritt in der demokratischen Entwicklung des Landes bewertet zu werden.“ SwissInfo zitiert einen westlichen Diplomaten mit der Bemerkung, die Wahlen seien „absolut fingiert“ gewesen.
In einem Interview vom 9. Oktober beantwortete Botschafterin Audrey Glover, sie steht dem Office for Democratic Institutions and Human Rights (ODIHR) Election Observation Mission in Baku der OSZE vor, die Frage der Reporterin von Radio Free Europe/Radio Liberty, ob das gegenwärtige aserbaidschanische Parlament als ein gewähltes Parlament bezeichnet werden könne, auf eine bemerkenswerte Weise: „In dem Sinne, dass eine Wahl stattgefunden hat und die Menschen für unterschiedliche Kandidaten ihre Stimme gegeben haben – fand eine Wahl statt und Menschen wurden ins Parlament gewählt. Aber es ist nicht wirklich an uns, mehr als das zu sagen. Wir können die Wahlergebnisse nicht mehr analysieren als wir es getan haben. Denn es ist vielmehr eine Frage für die Menschen dieses Landes oder für andere zu entscheiden, was das Ergebnis real bedeutet.“
Die Petro-Milliarden hat Alijew, wie da und dort berichtet wurde, für Verbesserungen im Leben der Menschen ausgegeben, das scheint für viele Wähler entscheidend gewesen zu sein.
Da mögen Aktivisten ins Gefängnis gesteckt werden, wie der regimekritische Blogger Adnan Hajizade und erst nach 16 Monaten frei kommen, der bekannte Journalist Ejnulla Fatullajew, der über eine Beteiligung der aserbaidschanischen Armee beim Chodschali-Massaker geschrieben hatte, immer noch im Gefängnis sitzen. „Demokratiedefizite werden plötzlich nebensächlich“, schrieb die Süddeutsche Zeitung am 9. November, „wenn europäische Politiker und Investoren das Land geradezu leidenschaftlich umwerben“.
Sehr lesenswert ist die Analyse „Aserbaidschan nach den Wahlen“ von Matthias Jobelius.
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