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Istanbuler Gericht: Internationaler Haftbefehl für Doğan Akhanlı
Der an Absurditäten nicht arme Prozess gegen den deutsch-türkischen Autor Doğan Akhanlı wurde am heutigen (31.07.2013) Prozesstag durch ein Istanbuler Gericht ein weiteres Mal übertroffen.
Im April 2013 hob das Revisionsgericht in Ankara seinen Freispruch auf (wir berichteten). Auch zuvor hatten wir wiederholt über Doğan Akhanlı geschrieben (1, 2, 3).
Zum heutigen Prozesstag gab recherche international diese Presseerklärung heraus:
Mutloses Gericht vertagt Verfahren gegen Akhanlı
„Nach knapp einstündiger Verhandlung verkündete das Istanbuler Strafgericht am späten Vormittag des 31.7. 2013, es werde am 4. Oktober weiter über die Anklage gegen Dogan Akhanli wegen seiner angeblichen Teilnahme an einem Raubüberfall im Jahre 1989 verhandeln. Dann wird sich zeigen, ob das Gericht seinen mutlosen Kurs aus der heutigen Verhandlung weiterführt.
Die Verteidigung hatte zu Beginn der Verhandlung erneut und detalliert den handwerklich katastrophalen und rechtlich unhaltbaren Spruch des Revisionsgerichts kritisch analysiert. Der Staatsanwalt bekannte, er habe die Akte nicht wirklich gelesen, schließe sich aber der Aufforderung aus Ankara an, erneut gegen Dogan Akhanli zu verhandeln und ihn zu lebenslanger Haft zu verurteilen.
Das Gericht wagte nicht, sich gegen die Anordnung der Revisionsrichter zu stellen und verzichtete heute darauf, seinen Freispruch vom November 2011 zu erneuern.
Eine 20-köpfige Delegation aus Deutschland, unter ihnen Günter Wallraff, Vertreter von SPD, Grünen und Linken und Beauftragte zahlreicher Gewerkschaften, Menschenrechts-, Künstler- und Schriftstellerorganisationen hatte den Prozess beobachtet und zeigte sich von seinem Ausgang enttäuscht. Nun werde das Verfahren auf unnötige Weise und auf Kosten von Dogan Akhanli verschleppt.
Da das weitere Verfahren formaljuristisch die Anwesenheit von Dogan Akhanli verlangt, hat das Gericht gegen ihn einen internationalen Haftbefehl verhängt. Die Verteidigung hat offen gelassen, ob sich ihr Mandat der kaum berechenbaren Gefahr aussetzt, dem Prozess am 4. Oktober beizuwohnen.
Ein Ereignis am Vortag des Prozesses machte deutlich, wie eng dieses Verfahren mit den aktuellen Repressionen gegen die neuen Demokratiebewegungen in der Türkei verbunden ist. Ein Mitglied der Delegation geriet im Gezi-Park in Polizeihaft, als er dagegen protestierte, dass die Polizei Erinnerungssteine an die fünf während der Auseinandersetzungen getöteten Menschen in den Müll räumen ließ. Nach Intervention von Anwälten und des deutschen Konsulats wurde der Inhaftierte wieder freigelassen.
Es gibt keinen anderen Grund für das Verfahren gegen Dogan Akhanli als den Versuch, das Recht auf Meinungsfreiheit zu beschneiden. Leider gilt das für Hunderte von politischen Verfahren in der Türkei. Die Delegation wird das Verfahren gegen Dogan Akhanli weiter beobachten und erneuert mit allem Nachdruck ihre Forderung nach einem zweiten Freispruch.“
Bianet berichtete über den heutigen Prozesstag ausführlich.
Akhanlıs Rechtsanwalt Ercan Kanar hat für uns eine Stellungnahme verfasst (abgedruckt in ADK 153), auf die wir für ein besseres Verständnis des Falles ein weiteres Mal hinweisen möchten.
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