Archiv
- Februar 2025
- Januar 2025
- Dezember 2024
- November 2024
- Oktober 2024
- August 2024
- Juni 2024
- April 2024
- Februar 2024
- Januar 2024
- Dezember 2023
- Oktober 2023
- September 2023
- Juni 2023
- Mai 2023
- April 2023
- März 2023
- Januar 2023
- Dezember 2022
- Oktober 2022
- September 2022
- August 2022
- Juli 2022
- Juni 2022
- Mai 2022
- April 2022
- März 2022
- Februar 2022
- Januar 2022
- Dezember 2021
- November 2021
- Oktober 2021
- September 2021
- Juli 2021
- Juni 2021
- Mai 2021
- April 2021
- März 2021
- Januar 2021
- Dezember 2020
- Oktober 2020
- August 2020
- Juli 2020
- Juni 2020
- Mai 2020
- März 2020
- Februar 2020
- Januar 2020
- Dezember 2019
- November 2019
- Oktober 2019
- September 2019
- August 2019
- Juni 2019
- Mai 2019
- April 2019
- März 2019
- Februar 2019
- Januar 2019
- Dezember 2018
- November 2018
- Oktober 2018
- September 2018
- Juni 2018
- Mai 2018
- April 2018
- März 2018
- Februar 2018
- Januar 2018
- Dezember 2017
- November 2017
- Oktober 2017
- September 2017
- August 2017
- Juli 2017
- Juni 2017
- Mai 2017
- April 2017
- März 2017
- Februar 2017
- Januar 2017
- Dezember 2016
- November 2016
- Oktober 2016
- September 2016
- August 2016
- Juli 2016
- Juni 2016
- Mai 2016
- April 2016
- März 2016
- Februar 2016
- Januar 2016
- Dezember 2015
- November 2015
- Oktober 2015
- September 2015
- August 2015
- Juli 2015
- Juni 2015
- Mai 2015
- April 2015
- März 2015
- Februar 2015
- Januar 2015
- Dezember 2014
- November 2014
- Oktober 2014
- September 2014
- August 2014
- Juli 2014
- Juni 2014
- Mai 2014
- April 2014
- März 2014
- Februar 2014
- Januar 2014
- Dezember 2013
- November 2013
- Oktober 2013
- September 2013
- August 2013
- Juli 2013
- Juni 2013
- Mai 2013
- April 2013
- März 2013
- Februar 2013
- Januar 2013
- November 2012
- Oktober 2012
- September 2012
- Juli 2012
- Juni 2012
- Mai 2012
- April 2012
- März 2012
- Februar 2012
- Januar 2012
- Dezember 2011
- November 2011
- Oktober 2011
- September 2011
- August 2011
- Juni 2011
- Mai 2011
- April 2011
- März 2011
- Februar 2011
- Januar 2011
- Dezember 2010
- November 2010
- Oktober 2010
- September 2010
- August 2010
- Juli 2010
- Juni 2010
- Mai 2010
- April 2010
- März 2010
-
Letzte Artikel
- Armeniens Hinwendung zum Westen!? Möglichkeiten und Grenzen in Zeiten von regionalen globalen Turbulenzen
- Hat die Berliner Zeitung viel Verständnis für Autokraten? Auch für Ilham Aliyev?
- ADK 205 erschienen
- Hrant Dink-Gedenkfeier & Film „Asadur“
- „1915: Aghet – Die Vernichtung“ im Erich Maria Remarque-Friedenszentrum
- Entschließung des Europäischen Parlaments zu Aserbaidschan und den Beziehungen zu Armenien
- ADK 204 erschienen
- (K)ein Frieden in Sicht? Perspektiven der COP29 für die Zukunft des Südkaukasus
- „Armenien auf dem Weg nach Europa Chancen • Hürden • Risiken“
- „Armenien, Deutschland und die EU. Entwicklungen in stürmischen Zeiten“
Doğan Akhanlı: Endlich freigesprochen!
Noch am 16. Juni verlangte der Staatsanwalt für die Doğan Akhanlı zur Last gelegten Vergehen lebenslänglich und das trotz fehlender Beweise. Um das überhaupt zu begreifen, baten wir seinen Rechtsanwalt Ercan Kanar zu dieser Stellungnahme, die wir in ADK 153 abdruckten:
Um das Paradigma der Stellungnahme zu begreifen, muss man das „Rechtsverständnis“ betonen, wonach bei mit Sonderrechten ausgestatteten Strafkammern Anklageschriften und Stellungnahmen zustande kommen. Im Strafrecht sind nach jahrhundertelangen Kämpfen grundlegende garantierte Rechtsnormen für die Angeklagten entstanden. Die wichtigsten von diesen sind: „Unschuldsvermutung“, „im Zweifel für den Angeklagten“, „der Grundsatz ne bis in idem (lat. „nicht zweimal in derselben Sache“) usw.
Außerdem ist es eine zwingende Not-wendigkeit, dass alle Ermittlungen nicht nach rechtswidrigen Normen durchgeführt worden sind, d. h.: Von Anfang an müssen die Angeklagtenrechte gemäß der „Miranda Rule“ (im anglo-amerikanischen Rechtsraum wird damit die Regel bezeichnet, gemäß der jemand vor einem Verhör auf seine Rechte (Anwesenheit eines Anwalts, Möglichkeit zur Aussageverweigerung) hingewiesen werden muss; d. Übers.) anerkannt sein. In den mit Sonderrechten ausgestatteten Strafkammern wer-den in der Ermittlungsphase, bei der straf-rechtlichen Verfolgung in der Phase der Stellungnahme die oben erwähnten Grundregeln des Strafrechts außer Acht gelassen. Denn gemäß der Logik des Anti-Terror-Gesetzes sehen die mit Sonderrechten ausgestatteten Strafkammern dieses Gesetz gewissermaßen als ihr „Grundgesetz“ an. Aus Sicht jener Personen, die gegen das herrschende sozioökonomische System sind, bedeutet das, dass für sie die fundamentalen Prozessrechte nicht gelten. Nach dem von Günther Jakobs, emeritierter Professor für Strafrecht, Strafprozessrecht und Rechtsphilosophie, diskutierten „Feindsstrafrecht“ sind die Gegner des Status quo nicht einmal Personen, sie sind „Unpersonen“. Folglich stehen ihnen die Angeklagtenrechte nicht zu.
In den mit Sonderrechten ausgestatteten Strafkammern geht es nicht um die Wahrheitsfindung. Es geht um die Bestrafung jener, die man für Oppositionelle hält. Auf einen Punkt, der merkwürdig erscheinen mag, sollte an dieser Stelle hingewiesen werden: Die oppositionelle Haltung kann unterbrochen oder nicht mehr vorhanden sein, sie kann auch andere Formen angenommen haben: Aus Sicht der Bestrafung spielen diese Tatbestände keine Rolle. Wenn auch bei Straftaten, in die politische Ziele verfolgende „bewaffnete Banden“ involviert sind, in der Theorie der weitere Bestand dieser Banden ermittelt werden sollte, kann man Jahre später eine Strafe verhängen, auch wenn diese illegale Organisation seit Jahren nicht mehr existiert. Man tut so, als würde sie weiterhin existieren. In der Theorie müssen „bewaffnete Banden“, die politische Ziele verfolgen, sehr bedeutsam sein, sich landesweit betätigen und über die notwendigen Mittel verfügen. Wenn drei Personen sich zusammentun und eine Pistole des Kalibers 6.35 in der Hand halten, so reicht das bei mit Sonderrechten ausgestatteten Strafkammern aus, um sie für eine „bewaffnete Bande“ zu halten und zu bestrafen.
Nach dieser allgemeinen Einleitung ist es klar, dass die Stellungnahme zu Doğan Akhanlı gemäß dem oben dargelegten „Feindsstrafrecht“ vorgenommen worden ist. Die Stellungnahme nimmt die Fakten der 1990er Jahre zur Grundlage. Damals konnten Festgenommene 15 Tage in Polizeigewahrsam bleiben, während dieser Zeit hatten sie keinen Kontakt zu ihrem Rechtsanwalt, die Ermittlungen wurden vollkommen nach rechtswidrigen Methoden durchgeführt. Selbst diese rechtswidrig zustande gekommenen Ermittlungsergebnisse konnten keine ernsthafte Beziehung zwischen Doğan Akhanlı und der ihm zur Last gelegten Tat herstellen. Die Tatsache, dass die Aussagen der Opfer und der Zeugen während des Prozesses von ihren Aussagen in den 1990er Jahren abweichen – diese wurden damals von der Polizei beeinflusst – wird in der Stellungnahme so ausgelegt, dass die Opfer und die Zeugen Angst vor der Organisation hätten und folglich ihre früheren Aussagen aus den 1990er Jahren den Tatsachen entsprechen. Dabei steht die Stellungnahme im Widerspruch zu den materiellen Fakten. Im Jahre 2011 existiert jene Organisation nicht, die Opfer und Zeugen hätte einschüchtern können. Die heutige Stellungnahme nimmt die Polizeiprotokolle der 1990er Jahre zur Grundlage. Dabei waren diese ohne die Kontrolle des Staatsanwalts, in Abwesenheit des Rechtsvertreters des Angeklagten zustande gekommen. Selbst in den Polizeiprotokollen beschuldigt Ahmet Kösemehmetoglu, die maßgebliche Person bei der behaupteten Tat der Organisation, Doğan Akhanlı nicht im Kontext der Organisation. Darüber hinaus hat die in der Stellungnahme beschriebene Organisation eine andere Struktur als jene, derentwegen Doğan Akhanlı damals der Prozess gemacht und bestraft wurde. Die Opfer und die Zeugen haben beim Prozess aus freien Stücken gesagt, dass ihre Aussagen aus den 1990er Jahren nicht richtig sind. Die Logik der Stellungnahme entspricht der Polizeilogik der 1990er Jahre. Man hat den Eindruck, dass die gesetzlichen Rechte, die die Gesetzesänderung des Jahres 2005 mit sich brachte, dem Gericht nicht recht sind. Selbst die Tatsache, dass die Opfer und die Zeugen, darüber hinaus jene, denen in der gleichen Angelegenheit damals der Prozess gemacht wurde, während der Untersuchungshaft Doğan Akhanlıs im Sommer 2010 bei der Staatsanwaltschaft eine Aussage machen wollten, wird in der Stellungnahme zu Ungunsten von Doğan Akhanlı ausgelegt. Mit anderen Worten: Das Recht des Angeklagten, in jeder Phase Beweise zu seinen Gunsten vorlegen zu dürfen, wird nach der Logik der Stellungnahme verletzt.
Kurzum: Die Stellungnahme ist ein typisches Beispiel für die Logik „der Staat ist der Nutznießer des Verdachts“. Es hat nichts mit dem modernen Strafprozessrecht zu tun. Man hat den Eindruck, als wollte man sich an Doğan Akhanlı politisch und ideologisch rächen.
Aus dem Türkischen von Raffi Kantian
Für den 12. Oktober 2011 war ein neuer Prozesstag angesetzt. Endlich setzte sich die Vernunft durch und Doğan Akhanlı wurde freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft hatte sieben Tage Zeit, um vor das Oberste Berufungsgericht in Ankara zu ziehen. Das hat er bis zum 20. Oktober nicht getan. Somit ist der Freispruch rechtskräftig. Wir gratulieren.
Teilen mit: