OSZE-Büro in Jerewan vor dem Aus

Das Jerewaner Büro der OSZE vor dem Aus
Die OSZE im Südkaukasus „dank Aserbaidschan“ nicht mehr vertreten

Das Büro der OSZE nahm seine Arbeit in Armenien im Februar 2000 auf. Diesem war ein Beschluss des Ständigen Rates der OSZE vom Juli 1999 vorausgegangen. Es ist eine der wesentlichen europäischen Institutionen im Land.

Die OSZE selbst beschreibt die Arbeit des Büros so: „Es arbeitet eng mit Partnern in der Regierung, der Zivilgesellschaft und anderen Akteuren in Armenien zusammen, wirkt auf einer Vielzahl von Gebieten, darunter Reform des Strafgesetzbuches, Bekämpfung der Korruption, Migrationspolitik, wirtschaftliche Integration, Umweltaktivitäten, Schärfung des Bewusstseins für die Menschenrechte, Medien- und Informationsfreiheit, Reform der Polizei und des Sicherheitssektors.“

Die Vertreter der armenischen Zivilgesellschaft ihrerseits betonen, dass die Schließung des Büros der OSZE den Aufbau der Demokratie und der demokratischen Institutionen in Armenien verzögern würde.

Diese Sorge hat einen sehr realen Hintergrund. Aserbaidschan drängt mit Macht darauf, dass einzig verbliebene Büro der OSZE im Südkonkurses schließen zu lassen, indem es die notwendige Mandatsverlängerung torpediert. Dazu hat Aserbaidschan alle Möglichkeiten. Die Entscheidungen der OSZE müssen gemäß Reglement einstimmig beschlossen werden, das Veto eines der 57 Mitglieder bedeutet das Aus eines jeden Antrags; das schließt somit die Öffnung eines Büros der OSZE und seine Mandatsverlängerung mit ein. Des Weiteren muss das Parlament des aufnehmenden Landes die von der OSZE und dem Außenministerium unterzeichneten Absichtserklärung ratifizieren.

Aserbaidschan hatte das OSZE-Büro in Baku bereits 2015 auf eigenen Wunsch geschlossen. Das ist nicht weiter verwunderlich angesichts seiner desaströsen Bilanz bei der Meinungs- und Gedankenfreiheit, den Bürgerrechten und der systematischen Verfolgung der Nichtregierungsorganisationen. Eine Organisation wie die OSZE, die genau diese Bereiche befördern möchte, ist dem Autokraten Ilham Alijew und seiner Entourage ein Dorn im Auge.

Und seit Ende 2008 gibt es kein OSZE-Büro in Tiflis. Somit war bzw. ist das Jerewaner Büro der OSZE ihr einziger Stützpunkt im Südkaukasus.

Schon seit geraumer Zeit wusste man von den Absichten Aserbaidschans. Baku argumentierte wie folgt: Das humanitäre Entminungsprogramm, das vom Jerewaner Büro der OSZE implementiert wird, könne die Kapazitäten und Fertigkeiten der relevanten armenischen Strukturen beim Berg-Karabach-Konflikt stärken. Armenien versuche das Büro in Jerewan zum Schaden der legitimen Interessen Aserbaidschans zu missbrauchen.

Armenien wischte diese Unterstellungen Aserbaidschans beiseite. Später war es sogar bereit, auf das Entminungsprogramm zu verzichten. Aber auch das bewegte Baku nicht dazu, auf seine Unterstellungen zu verzichten.

Besonders deutliche Worte fand die neue US-Administration. Kate Byrnes, Geschäftsträgerin der US-Mission bei der OSZE Anfang 2017: „Wir sind sehr besorg um dieses Büro und der OSZE … sollte die Schließung [durch Aserbaidschan] erzwungen werden, wird es ein schlechtes Licht auf die Verpflichtung Aserbaidschans und seiner Regierung zur OSZE werfen.“ Warnend fügte sie hinzu: „Wir fordern die Regierung Aserbaidschans auf, sich alsbald bei der Suche nach einer Kompromisslösung zu engagieren, damit das Büro in Jerewan offen bleiben kann.“

Und der österreichische Außenminister Sebastian Kurz, der zugleich amtierender Vorsitzender der OSZE in 2017 ist, sagte, man denke gar nicht daran, das Jerewaner Büro zu schließen.

Trotz alledem musste die Vorsitzende der Parlamentarischen Versammlung der OSZE, die österreichische Abgeordnete Christine Muttonen, am 4. Mai nach der  Sitzung des Ständigen Rates der OSZE mit Bedauern feststellen, „dass es trotz langen und umfangreichen Bemühungen nicht möglich war, einen Konsens bezüglich der Fortführung der wichtigen Arbeit des OSZE-Büros zu erzielen“.

Man geht davon aus, dass das Büro in Jerewan nach einigen Monaten geschlossen wird.

„Die Vereinigten Staaten bedauern die bevorstehende Schließung des OSZE-Büros in Jerewan“, sagte Kate Byrnes, die Geschäftsträgerin der US-Mission bei der OSZE, beim Treffen vom 4. Mai. „Wir beklagen den Verlust der letzten OSZE-Feldoperation im Südkaukasus.“ Sie betonte: „Armenien, im Geiste des Kompromisses, stimmte zu, dass das Amt in Jerewan diese [humanitäre Entminung]-Aktivitäten beenden würde“.

Byrnes lobte auch die langjährige Zusammenarbeit der armenischen Regierung mit der OSZE und ihrem Jerewaner Büro. Die Förderung der Menschenrechts-, Steuer- und Polizeireformen, der Gleichstellung der Geschlechter und der Pressefreiheit habe zu „positiven Ergebnissen“ geführt.

Der amerikanische Diplomat fuhr fort, den österreichischen Vorsitz der Organisation zu drängen, „neue Wege zur Aufrechterhaltung einer OSZE-Präsenz in Armenien und im ganzen Südkaukasus zu erforschen“.

Tigran Balayan, Sprecher des armenischen Außenministeriums, kritisierte scharf: „Aufgrund seiner äußerst zerstörerischen Haltung findet sich Aserbaidschan in einer totalen Isolation … Es ist nur Aserbaidschan, das das OSZE-Prinzip des Konsens missbraucht, indem es im Alleingang die Entscheidung über die Fortsetzung der Aktivitäten des OSZE-Büros in Jerewan blockiert und sich somit gegen die gesamte Organisation stellt.“

Links:

http://www.azatutyun.am/a/28300755.html
https://www.oscepa.org/news-a-media/press-releases/2704-osce-pa-president-and-special-representative-regret-lack-of-consensus-over-extension-of-mandate-of-osce-office-in-yerevan
http://www.mfa.am/en/interviews/item/2017/05/04/spokesman_osce_evn/
https://www.azatutyun.am/a/28468566.html
https://osce.usmission.gov/statement-closure-osce-office-yerevan/
http://osce.mfa.am/en/news/item/2017/05/04/2017/

 

 

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