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Der „inform(ation)elle Krieg“ um Berg-Karabach
Der Konflikt um Karabach ist trotz zahlreicher Vermittlungsbemühungen, darunter auch der Minsk-Gruppe der OSZE, nach wie vor virulent (s. unseren Beitrag „Berg-Karabach-Konflikt: Wie weiter nach dem OSZE-Gipfel in Astana?„).
Es gibt auch einen elektronischen Aspekt beim Karabach-Konflikt. Dazu gehören neben Angriffen auf armenische Webseiten durch aserbaidschanische Hacker – hinter denen hartnäckig das politische Baku vermutet wird – und Gegenreaktionen auch Internetportale, die die jeweiligen Positionen transportieren. Zum armenisch-aserbaidschanischen Cyberkrieg hat auch Eurasianet geschrieben.
Zu den Merkwürdigkeiten dieses „informationellen Krieges“ gehört, dass ausgerechnet die Webseite der renommierten Universität Potsdam für diese Zwecke eingespannt wird. Die Rede ist vom Beitrag „Der 31. März – Tag eines Genozids an Aserbaidschanern„. Die Autoren Dr. Ajdyn Sultanow und Prof. Dr. Wilfried Fuhrmann sind an der WiSo-Fakultät, Makroökonomische Theorie und Politik, der Universität Potsdam tätig.
Ein Zitat: „Seit 1998 gedenkt das aserbaidschanische Volk der Toten am 31. März als den Tag des Genozids an Aserbaidschanern. Die tragischen Ereignisse am 31. März 1918 haben sich tief in das Bewusstsein des aserbaidschanischen Volks gegraben. Die Ermordungen von schätzungsweise 2,5 Mio. Menschen, die Repressalien und Vertreibungen der Aserbaidschaner aus ihren Heimatorten durch Armenier gehören nicht nur zu den schrecklichsten (geschichtlichen) Ereignissen Aserbaidschans, sondern der Weltgemeinschaft.“
Wilde Behauptungen dieser Art findet man in dem „Beitrag“ zuhauf. Und natürlich werden die international bekannten anti-armenischen Pogrome ab 1988 auf dem Territorium Aserbaidschans mit keiner Silbe erwähnt. Auch verzichten die Autoren auf eine Darstellung, die den Positionen der streitenden Parteien Raum lässt, pro und kontra argumentiert.
Die Freiheit der Wissenschaft können die Autoren für ihren Beitrag mitnichten in Anspruch nehmen, hierzu müsste er den elementarsten wissenschaftlichen Kriterien genügen. Wenn dieses Machwerk auf der Webseite einer pro-aserbaidschanischen Aktivistengruppe veröffentlicht worden wäre, könnte man ihn getrost ignorieren.
Ein Skandal ist es allerdings, dass hierfür der gute Ruf der Universität Potsdam missbraucht wird und – auch das muss gesagt werden – die Universität Potsdam dies billigend hinnimmt. Hier ist eine deutliche Stellungnahme der Universität aus wohlverstandenem Eigeninteresse überfällig.
Zu den „Inhalten“, die Sultanow und Fuhrmann „behandeln“, gehört Chodschali. Vergleicht man ihre „Ausführungen“ mit denen von Hayk Demoyan und Levon Melik-Shakhnazaryan, so fällt der sachliche, argumentative Stil der letztgenannten auf.
Zu den bekanntesten pro-armenischen Webseiten, die speziell Chodschali im Fokus haben, gehört „Khojaly – The Chronicle of Unseen Forgery and Falsification„.
Während die Chodschali-Webseite eine private Initiative ist, gibt es aus der jüngsten Zeit auch offizielle armenische Aktivitäten.
So hat die Armenische Generalstaatsanwaltschaft unlängst Dokumente zur Verfolgung der Armenier in Aserbaidschan ins Netz gestellt.
Die Webseite hat vier Unterkategorien, drei davon sind nach den Regionen und Orten benannt, wo einige der Gräueltaten stattfanden: Berg-Karabach, Sumgait und Getaschen (Baku soll in Kürze hinzukommen). Darin sind Zeugnisse von Augenzeugen, der Opfer, ihrer Angehörigen, Fotos und Dokumente, die Liste der getöteten, entführten und vermissten Personen zu finden.
Zu finden sind auch die Namen der aserbaidschanischen Ordnungskräfte, denen die Vernichtung von Armeniern vorgeworfen wird.
Eine ausführliche Dokumentation zu Sumgait mit einem Vorwort von Yelena Bonner brachten Aristide Caratzas und das Zoryan Institute bereits 1990 in Buchform heraus: Samuel Shahmuradian (Hg.), The Sumgait Tragedy – Pogroms against Armenians in Soviet Azerbaijan – The Eyewitness Accounts.
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