Karabach hat gewählt – ein weiteres Mal

Am 19. Juli 2012 fanden in der Republik Berg-Karabach zum fünften Mal Präsidentschaftswahlen statt. Der Wahlkampf selbst sowie die Wahlen verliefen ruhig. Zu Ausschreitungen soll es nach übereinstimmenden Berichten nicht gekommen sein. Bei einer Wahlbeteiligung von über 73 Prozent konnte der amtierende Präsident Bako Shakyan 66.7 % der Stimmen für sich verbuchen, während sein Mitbewerber Vitaly Balasanyan 32.5 % der Stimmen bekam. Der unterlegene Balasanyan wurde mit kritischen Kommentaren zitiert .

Eindrücke von Wahlbeobachtern

BakuToday  publizierte die Eindrücke von russischen Wahlbeobachtern, diese sind im Ton gemäßigt und in der Tendenz positiv.

Die Organisation „European Friends of Armenia“ mit Sitz in Brüssel und einem Büro in Jerewan brachte einen Zwischenbericht ihrer Wahlbeobachter. Dort sind neben positiven auch negative Aspekte aufgeführt. An die Adresse der OSZE gerichtet stellen sie fest: „We call in particular upon the OSCE ODIHR to provide technical assistance and election observation for future local-election, as part of a humanitarian development aid, even if this is done while underlining the non-recognition of the local state entity. This will provide for a real boost in local democratic culture and help prepare the local population for the time after the resolution of the so-called frozen conflict, as envisaged by the OSCE Minsk Group.“

Politische Bewertungen

Der armenische Außenminister Nalbandian bewertete die Wahlen so: “Free, fair and competitive elections held on July 19 in Nagorno-Karabakh testify to the commitment of the authorities and people of Artsakh to strengthening democracy and the rule of law.

Commendable is the presence of a few dozens of international observers, who evaluated the elections as well organized, transparent, in conformity with international standards.

I do not think that any democratic country can dispute the necessity and importance of the formation of authorities through democratic elections.

The international community, naturally, should be interested in dealing with the authorities elected by the people of Nagorno-Karabakh, especially, taking into consideration that it is envisaged by the mandate of the OSCE Minsk Conference.

Through these elections the people of Artsakh has again demonstrated its determination to govern its destiny by democratic means. ”

Die Ko-Vorsitzenden der Minsk Gruppe, zusammengesetzt aus amerikanischen, französischen und russischen Diplomaten, betonten in ihrer Erklärung zunächst: “The Co-Chairs acknowledge the need for the de facto authorities in NK to try to organize democratically the public life of their population with such a procedure” um dann wie folgt fortzufahren:

“However, the Co-Chairs note that none of their three countries, nor any other country, recognizes Nagorno-Karabakh as an independent and sovereign state.

The Co-Chairs stress that the procedures of July 19 in no way prejudge the final legal status of Nagorno-Karabakh or the outcome of the ongoing negotiations to bring a lasting and peaceful settlement to the Nagorno-Karabakh conflict.”

Katherine Ashton, die Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, publizierte noch vor den Wahlen eine im Ton strenge Erklärung:

“On 19 July, ‚presidential elections‘ will take place in Nagorno-Karabakh. I would like to reiterate that the European Union does not recognise the constitutional and legal framework in which they will be held. These ‚elections‘ should not prejudice the determination of the future status of Nagorno-Karabakh in the negotiated general framework of the peaceful settlement of the conflict.

I recall the EU’s firm support to the OSCE Minsk Group, and in particular to the sustained efforts of its Co-chairs, aimed at a peaceful resolution of the conflict. I call on the parties to step up their efforts to find a negotiated solution to the conflict on the basis of the Madrid principles, which would allow progress beyond the status quo. I reiterate the EU’s readiness to provide further support to efforts in this direction.“

Über Katherine Ashton gingen zwei Abgeordnete der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Philipp Mißfelder und Karl-Georg Wellman, in ihrer Erklärung  hinaus:

„Die für den 19. Juli 2012 angesetzten ‚Präsidentschaftswahlen‘ in dem völkerrechtlich nicht anerkannten Gebiet Berg-Karabach sind ein schwerer Rückschlag für die Bemühungen der internationalen Staatengemeinschaft, eine friedliche Lösung in diesem Konflikt herbeizuführen. Die internationale Gemeinschaft betrachtet Berg-Karabach völkerrechtlich als einen integralen Bestandteil der Republik Aserbaidschan. Es ist die Position Deutschlands wie der Europäischen Union, dass eine dauerhafte Lösung des Berg-Karabach-Konfliktes nur auf friedlichem Wege geschehen kann. So haben weder Deutschland noch die EU bereits die ‚Parlamentswahl‘ von 2010 in Berg-Karabach anerkannt. Vielmehr hat die Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik Catherine Ashton bei den vorangegangenen ‚Wahlen‘ am 25. Mai 2010 erklärt, dass die Europäische Union den verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Rahmen, unter welchem diese ‚Parlamentswahlen‘ in Berg-Karabach stattfanden, nicht anerkennt. Durch dieses Ereignis dürfe eine friedliche Regelung des Berg-Karabach-Konflikts nicht präjudiziert werden. Diese Auffassung hat Catherine Ashton angesichts der aktuellen ‚Präsidentschaftswahlen‘ erneuert.

Der 20. Jahrestag des Konflikts um Berg-Karabach sollte Anlass sein, die bisherige Konfliktbewältigung zu überdenken und den Konfliktlösungsprozess neu anzustoßen. Eine friedliche Konfliktlösung und eine Normalisierung der Beziehungen würden unmittelbar positive wirtschaftliche und gesellschaftliche Impulse in der gesamten Region Südkaukasus auslösen. Dabei müssen die „Minsk-Gruppe“ der OSZE, die NATO und die Vereinten Nationen dem Konflikt in Berg-Karabach wieder mehr Aufmerksamkeit widmen.“

Bereits vor einiger Zeit hatten Abgeordnete der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sich zum Berg-Karabach-Konflikt geäußert.

Das Außenministerium von Aserbaidschan kommentierte erwartungsgemäß. Unter anderem heißt es dort: “Such action, in absence of the original Azerbaijani population of the Nagorno-Karabakh region and without necessary authorization of respective structures of the Republic of Azerbaijan, gravely violates the relevant provisions of the Constitution of the Republic of Azerbaijan and the norms and principles of international law and, therefore shall have no legal effect whatsoever.”

Ebenfalls gereizt reagierte das Türkische Außenministerium: „These elections which constitute a clear breach of the UN Security Council resolutions and OSCE principles present a new example of the unilateral efforts to legitimize the present unlawful situation in Nagorno-Karabakh.“). Ähnlich harsch reagierte   Shavarsh Kocharyan, Stellvertretender Sprecher der Armenischen Nationalversammlung: “Turkey can satisfy its great desire to give such lessons by persuading itself not to organize elections in and to pull out troops from the northern part of Cyprus. And if being guided by Azerbaijan’s interests by Turkey is not false, it is a good opportunity for Turkey to propose Azerbaijan to learn lessons of organizing democratic elections and of establishing a state based on democratic values from the Nagorno-Karabakh Republic.”

Eine Reihe von Mitgliedern des US-Kongresses (Frank Pallone Jr., Ed Royce, Howard Berman, Brad Sherman und Adam Schiff) begrüßten die Wahlen und gratulierten Bako Sahakyan zu seinem Wahlsieg.

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