Genozid-Äußerungen des Bundestagsabgeordneten Lemme in Baku verfälscht

Diese Tage erreichte uns die folgende Meldung der in Baku erscheinenden Zeitschrift Trend (in der authentischen Fassung):

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Trend, Azerbaijan

Oct 7 2011

German ruling party: Fictitious `Armenian Genocide‘ cannot be submitted to Bundestag for discussion

7 October 2011, 17:32 (GMT+05:00) Azerbaijan, Baku, Oct.7 / Trend M. Aliyev /

The fictitious „Armenian genocide“ cannot be submitted to the Bundestag for discussion, Germany’s ruling party member Steffen Lemme, who is on visit to Baku, told journalists on Friday.

„Armenia and countries with such problems should resolve their problems with other countries with more progressive methods, because at this stage an attempt to achieve recognition of unproved events as genocide is misplaced,“ Lemme said.

He said no European country can recognize „Armenian genocide“ either now or in the future.

Armenia and the Armenian lobby claim that the predecessor of Turkey – Ottoman Empire had committed the 1915 genocide against the Armenians living in Anadolu. The Armenians, willing the recognition of this fact in the world, achieved recognition of the „Armenian Genocide“ by the parliaments of some countrues, by strengthening the propaganda of the so-called „genocide“ in the world countries.

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Diese Aussagen klangen so unglaublich, dass wir uns direkt an Steffen Lemme, MdB, gewandt und ihn um eine Stellungnahme gebeten haben, die er uns auch umgehend zur Verfügung stellte:

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Lemme weist vermeintliche Äußerungen zum Genozid an den Armeniern als unwahr zurück

Anlässlich der Veröffentlichung von vermeintlichen Äußerungen zum Genozid an den Armeniern durch das Osmanische Reich stellt der SPD-Bundestagsabgeordnete Steffen-Claudio Lemme klar:

„Die am 7. Oktober 2011 in der Internetausgabe des aserbaidschanischen Magazins Trend erschienen Zitate zum Genozid am Volk der Armenier durch das Osmanische Reich weise ich als unwahr zurück und fordere die verantwortlichen Journalisten zu einer Gegendarstellung auf. Weder habe ich den Genozid als fiktiv bezeichnet, noch eine Position der Staaten der Europäischen Union in dieser Frage kommentiert.“

Lemme war in Gegenwart von Zeugen im Anschluss an eine Veranstaltung zur Auswahl von Stipendiatinnen und Stipendiaten für den Deutschen Bundestag in Baku von Journalisten zum lokalen Konflikt um die Region Berg-Karabach befragt worden. Lemme hatte in diesem Zusammenhang die Konfliktparteien dazu aufgefordert, ihre Probleme auf friedlichem Wege zu lösen. Er betonte in diesem Zusammenhang, dass es ausschließlich die Angelegenheit der hiesigen Konfliktparteien sei, sich den Herausforderungen mit mehr Engagement zu stellen. Er stellte klar, dass es ausdrücklich nicht Aufgabe deutscher Parlamentarier sei, Partei für eine der Konfliktgruppen zu ergreifen.

„Für mich ist der Völkermord an den Armeniern durch das Osmanische Reich eine historische Tatsache. Die Belege hierfür sind unzweideutig. Die Türkei als Rechtsnachfolger des Osmanischen Reiches muss sich ihrer Verantwortung zwingend stellen, sollen die Verhandlungen mit der Europäischen Union zu einem erfolgreichen Abschluss kommen.

Für mich als Gewerkschafter und Sozialdemokrat, der sich intensiv in der Anti-Rassismus-Arbeit in Deutschland und Europa engagiert, sind diese Veröffentlichungen nicht hinnehmbar. Es ist für mich unerträglich mit derartigen Äußerungen in Verbindung gebracht zu werden. Allein die Tatsache, dass in dem Artikel behauptet wird, dass ich Mitglied der Regierungspartei in Deutschland sei, spricht Bände. Hier wird deutlich, dass von den Verantwortlichen alle journalistischen Standards missachtet worden sind. Ich fordere die verantwortlichen Journalisten des Magazins Trend nochmals zu einer unverzüglichen Gegendarstellung ihrer Veröffentlichung auf.“

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Eine englische und russische Fassung der Richtigstellung befinden sich hier.

Es ist nicht das erste Mal, dass aserbaidschanische Medien mit frei erfundenen manipulativen Berichten negativ auffallen.

Wer gehofft hatte, Trend würde Steffen Lemmes Gegendarstellung bringen und/oder sich bei ihm entschuldigen, konnte nur enttäuscht werden.

Denn am 25. Oktober publizierte Trend eine neue (!) Fassung ihrer Meldung vom 7. Oktober:
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http://en.trend.az/news/politics/1941880.html

25 October 2011, 00:53 (GMT+05:00)

Politics
German MP: Fictitious ‘Armenian Genocide’ unlikely to be submitted to Bundestag for discussion
7 October 2011, 17:32 (GMT+05:00)
Azerbaijan, Baku, Oct.7 / Trend M. Aliyev /

It is unlikely that the fictitious „Armenian genocide“ will be submitted to the Bundestag for discussion in the near future, German MP Steffen Lemme, who is on visit to Baku, told journalists on Friday.

„Countries with such problems should resolve their problems with other countries with more progressive methods,“ Lemme said, referring to the question whether the German Parliament was likely to follow the example of other European countries, such as France, who had passed such a resolution.

Armenia and the Armenian lobby claim that the predecessor of Turkey – Ottoman Empire had committed the 1915 genocide against the Armenians living in Anadolu. The Armenians, willing the recognition of this fact in the world, achieved recognition of the „Armenian Genocide“ by the parliaments of some countries, by strengthening the propaganda of the so-called „genocide“ in

(die letzten Wörter fehlten)

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Diese „gereinigte“ Version enthält nicht mehr die gröbsten Schnitzer ihres Vorgängers. Ist der Fall damit erledigt? Eigentlich nicht, denn es geht hier um journalistische Standards.

Was lehrt uns das? Trend legt MdB Lemme zunächst frei erfundene Aussagen in den Mund, wohl in der Hoffnung, dass diese nicht einmal ihm auffallen werden. Wäre diese Hoffnung aufgegangen, hätten die angeblichen Originalzitate von MdB Lemme zu einem späteren Zeitpunkt in einen passenden Zusammenhang eingebaut und als Argument verwendet werden können.

Jetzt, wo der Schwindel aufgeflogen ist, wählt Trend ein weiteres Mal eine scheinbar „schlaue“, tatsächlich jedoch eine dumme Lösung. Sie zieht ihre beanstandete Meldung vom 7. Oktober aus dem Verkehr, ersetzt diese durch die aktuelle und versieht sie ebenfalls mit dem Datum vom 7. Oktober, so als hätte es die erste Fassung nie gegeben. Eine kindische Hoffnung im Zeitalter des Internets.

Boden gut gemacht hätte Trend allenfalls nur dann, wenn sie sich zu ihrer Falschmeldung bekannt, sich bei MdB Lemme entschuldigt und seine Gegendarstellung gebracht hätte. Das wäre sauberer Journalismus gewesen. Doch dazu fehlte Trend offenbar die Größe.

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